Wen rufe ich an? Wer macht was?
“Der Physio war da und hat was massiert und mir gezeigt, wie ich das auch machen kann.”
“Der Chiro hat meinem Pferd wieder die blockierten Wirbel eingerenkt.”
“Der Osteo hat schon drüber geschaut und ein paar Blockaden gelöst.”
Sätze, wie diese, kennen Sie sicher aus Ihrem Pferdealltag auch. Doch was genau unterscheidet die drei Therapeuten? Oder ist es alles dasselbe und hat nur unterschiedliche Namen, um uns zu verwirren?
Nein, Verwirrung will keiner der drei Therapeuten schaffen. Allerdings liegen die Ausbildungsziele nah beieinander und gehen teilweise ineinander über. Aber das klären wir jetzt auf.
Physiotherapie bezeichnet die Wiederherstellung und Erhaltung der physiologischen (also von der Natur und dem Körper vorgegebenen) Beweglichkeit. Dabei geht es um die Beweglichkeit der skelettalen Körperteile genauso wie um die der Muskulatur.
Die Hauptziele sind Schmerzlinderung, verbesserte Durchblutung, Erhaltung oder Verbesserung von Beweglichkeit, Koordination, Kraft und Ausdauer.
Der Physiotherapeut erreicht diese Ziele u.a. über Massagen und Dehnungen der Muskulatur, Lymphdrainage und das Erstellen von Trainingskonzepten. Außerdem kann er sich vieler Hilfsmittel bedienen: Kalt-/Warmumschläge/Bandagen, Massagegeräte, Kinesiotapes, Balance Pads, Magnetfelddecken, Longierhilfen usw.
Kurzum, der Pferdekörper soll leistungsfähig und gesund erhalten werden und das geht am besten durch physiologische Bewegung.
Der Chiropraktiker behandelt meist ohne weitere Hilfsmittel. Definitionsgemäß erkennt er mithilfe seiner Hände Fehlstellungen der Knochen, vorrangig im Bereich der Wirbelsäule, und korrigiert diese auch manuell.
Da der Körper unserer Pferde nicht nur aus Einzelteilen besteht, sondern Knochen, Gelenke, Muskeln, Bänder, Nerven, Faszien und Bindegewebe nur abhängig voneinander arbeiten können, kann die Behandlung eines blockierten Wirbels Auswirkungen auf den gesamten Organismus haben. Der Chiropraktiker kennt die Anatomie der Pferde sehr genau und erfühlt die Fehlstellungen um sie anschließend mit biomechanisch korrekten Manipulationen zu korrigieren.
Der Pferdeosteotherapeut zu guter Letzt betrachtet den Körper als eine Funktionseinheit, die in der Lage ist, sich selbst zu regulieren und zu heilen, wenn die Versorgung der Gewebe durch die Blutgefäße und Nerven uneingeschränkt funktioniert. Jedes Gewebe hat eine vorgegebene Struktur, die abhängig ist von ihrer Funktion. Und die Funktion der Gewebe ist umgekehrt abhängig von ihrer Struktur.
Der grundlegende Gedanke ist, dass man anatomisch korrekt die Gewebe und Strukturen mit der Einfühlsamkeit der Hände erfasst und Störungen feststellt. Es ist möglich, nicht nur Skelett, Muskulatur und Bindegewebe (Faszien) zu behandeln (parietale Osteopathie) sondern auch innere Organe und deren Faszien und Aufhängungen (viszerale Osteopathie). Außerdem erfühlt der Osteotherapeut auch verschiedene craniosakrale Rhythmen im Organismus, die sich aus den Bewegungen der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeiten ergeben.
Abschließend lässt sich also folgendes Fazit ziehen:
Alle drei Berufe haben gemeinsam, dass sie den Pferdekörper und seine Leistungsfähigkeit optimieren und erhalten wollen. Aber es gibt unterschiedliche Herangehensweisen, aus denen man sich die passende für sich und sein Pferd aussuchen oder auch verschiedene Therapien kombinieren darf.
Und es ist wie so oft im Leben: Es gibt nicht nur die eine optimale Lösung. Ein Pferd ist ein vielschichtiges Geschöpf, das auf mehreren Ebenen ein Problem haben kann. Es ist wichtig zu wissen, dass es auch nicht nur den “einen” Therapeuten für Ihr Pferd geben muss. Jeder Therapeut arbeitet anders und es entstehen somit unterschiedliche Lösungsansätze.
Die drei Berufsgruppen ergänzen sehr gut die klassisch schulmedizinische Behandlung.
Auch hier ist das Wichtigste: Vor jeder Behandlung muss eine Diagnose stehen!
Wenke Siefert
Tierärztin für Pferde, Pferdeklinik Equitales GmbH